Freitag, 10. Oktober 2008
Füttern verboten
Auf dem Weiterflug von Amsterdam nach Delhi konnte ich zwischen zwei menüs wählen. beim servieren hatte ich jedoch den eindruck, genau das andere gericht zu bekommen, dass ich nicht gewählt hatte. Geht es Euch auch manchmal so? Eine Identifizierung bzw. ein Vergleich mit der Menükarte hilft selten weiter. Eine Hälfte der Zutaten trägt Namen, die man noch nie gelesen hat, und die andere Hälfte wird ohnehin verschwiegen. Ich kann nur soviel sagen: es war lecker.

Ich kann mir bei so einer Massenabspeisung leider ein Grinsen selten verkneifen. Irgendwann, wenn die Sicherheitsbestimmungen auch noch das Plastikbesteck sowie Teller, Becher, Zahnstocher (!) und Pfeffer aus dem Flieger verbannt haben, bekommen die Gäste statt Platzdeckchen nur noch ein Lätzchen umgebunden. Auf Kommando wird der Mund geöffnet woraufhin die Stewardess die Fütterung startet: ein Häppchen für Captain Stubing und seine Crew – ach ne, dass war ja Loveboat; eins für den Fluglotsen, weil er mal nicht streikt, usw. Achtet beim nächsten Flug mal darauf, wie automatisch alle die Tische vor sich runterklappen und nervös auf dem Sitz umherrutschen, wenn die Stewardess mit den Rollwagen im Gang erscheint. Das ist klassische Konditionierung. Wer braucht heutzutage noch den Pavlowschen Hund!

Kaum gelandet in Delhi, kam die Durchsage: „Verehrte Fluggäste, bitte bleiben Sie noch so lange angeschnallt auf Ihren Plätzen bis das Flugzeug seine endgültige Parkposition erreicht hat. Danach haben Sie noch ausreichend Zeit zu drängeln und zu schubsen. Übrigens ist es in der langen Geschichte der Luftfahrt bisher noch keinem Passagier gelungen, vor dem Flugzeug das Gate zu erreichen!“ Okay der Funkspruch ist geklaut, kam neulich per Email. Inder sind im übrigen im Drängeln nicht viel schlechter als alle anderen Nationen.

Ich lasse also den indischen Mob hinter mir, eile zur Passkontrolle, stehe bereits drei minuten später am Gepäckband, nach weiteren fünf minuten habe ich alle vier (!) gepäckstücke (mein dank gilt der blonden Schickse am Köln-Bonner Flughafen, haste noch mal schwein gehabt.), der Zoll lässt mich in links liegen, und am ausgang mich ein turbanbewehrter Inder mit meine Namen auf einem Hotelschild in empfang. Weitere 15 Minuten und ich bin bereits im Hotel. Bin ich wirklich in Indien gelandet? Wo ist das Verkehrschaos? Wo die drei Stunden gefühlter Anfahrtsweg für 10 km? Wieso hatte ich noch alles bei mir als ins Auto stieg?

Am nächsten Tag lief alles noch viel flotter. Aus den geplanten 90 Minuten Fahrzeit zum Flughafen wegen Rush-hour werden ca. 30 Minuten. Am Flughafen wartet ein Angestellter der Kingfisher Airline und nimmt mir das Gepäck ab, ohne damit abzuhauen. Auch Trinkgeld will er nicht sehen. Stattdessen schiebt er mein Gepäck durch den Security-Check, bahnt mir den Weg bis zum Schalter vorbei an zahlreichen Beamten, die alle ein Wörtchen mitzureden haben wollen, wenn einer eine Reise macht. In nicht mal 15 Minuten bin ich vom Auto im Transit – zweieinhalb stunden vor Abflug in einer Flughalle, in der das aufregendste der McDonalds ist. Sonst gibt es hier gar nichts zu tun. Außer diesen Bericht schreiben. Mist der Akku ist gleich platt.

Die Kingfisher Economy war ganz angenehm. Individuelle Entertainmentunits mit 20 Programmen, davon ca. 10 auf Hindi, sowie 8 mit Bollywood-Tanzeinlagen und einige US-Serien. Leider habe ich keine Serie ganz sehen können. Alle fünf kam ein werbespot, irgendeine wichtige durchsage brachte den film zum stehen, turbulenz-ankündigungen, anschnall-aufforderungen, vielfliegerprgramme, tax-free shopping hinweise spulten den film entweder zurück zum anfang oder beendeten in gleich direkt. In der Folge der Serie Friends, wo Rachel nach Frankreich auswandert (Für Kenner, es geht um Folge 234), packte sie auf der Suche nach ihrem Pass fünfmal den gleichen Karton aus, während Chandler den Pass in der Hand hielt und fragt, ab wann es kein Spass mehr sei, ihren Pass zu verstecken. Die Szene hat sich wohl auf ewig in mein Langzeitgedächtnis gebrannt.

... comment