Samstag, 1. November 2008
Dewali
fishblog, 11:13h
Die letzte Woche meines Aufenthaltes wird von Dewali beherrscht. Dewali ist ein Fest der Hindi und dauert ... viele Tage. Vergleichbar mit unserem Weihnachtsfest, werden Geschenke gekauft, freunde und Familie eingeladen und eine Menge Stress und Hektik verbreitet, um das perfekte Dewali zu begehen. Parallel werde über die ganze zeit hinweg ab spätnachmittags die Strassen und Gassen mit Feuerwerkskörpern gesprengt bis die die Sonne aufgeht. Gebäude, Büros und Wohnungen werden von innen und aussen geschmückt und die Zahl der verwendeten Lichterketten kann durchaus mit den denen im Chevy Chase Film „Fröhliche Weihnachten“ konkurrieren. Scheinbar gibt es zu Dewali einige Regeln zu beachten. Ein Tag um das Haus aufzuräumen, ein Tag um neue Sachen zu kaufen, ein Tag um sich selbst hübsch zu machen, usw. Im Grunde genommen fallen hier weihnachten, silvester, frühjahrsputz, winterschlussverkauf zusammen. Das positive an Dewali ist: ich habe nirgendwo „white christmas I gave you my heart“ vernehmen müssen. (Nicht wie in Nepal!)
Am Dienstag Mittag trafen wir uns im Büro. Wir dekorierten jede Nische, es wurden Lichte- und Blumenketten aufgehängt. Einzelne Blüten wurden auf jedem Arbeitsplatz drapiert. Über den Türen wurden Swastiken gemalt, Butterkerzen erhellten jede Ecke. Schliesslich wurde die Gebetsecke hergerichtet. Die beiden Lakschmi und Ganesh-Figürchen wurden gereinigt und angezogen. Unsere Kollegin malte mit den Ringfinger der rechten Hand (der für die Götter stehen soll) auf allen Anmeldeunterlagen unserer indischen Messen ein Hakenkreuz (was ich nicht weiter kommentierte). Diese Geste hatte aber etwas an sich, dass mich an den schwarzen Humor der Briten erinnerte. Unter den Figuren deponiert sollen Lakshmi und Ganesh Wohlstand und Weisheit über die Messen bringen. In diesen Tagen der wirtschaftlichen Krise, ist uns jedes Mittel recht. Wir standen andächtig um den Schrein herum, als unsere Kollegin pltözlihc ihr Handy hervorholte und einen religiösen Song abspielte, zum dem alle sangen und klatschten. Jeder liess eine kerze mehrmals um die Figürchen kreisen und wir schaufelten mit der Hand den Rauch und das Licht über unseren Kopf. Meine Kollegen hatten mich explizit zum Mitmachen aufgefordert, ich hätte mich sonst im Hintergund gehalten.
Beim Verlassen des Büros liessen wir die vielen kerzen brennen. Unser indische Chef muss übrigens noch eine Büro-Hausratsversicherung abschliessen. In Deutschland würde ihn unter diesen Umständen jede Versicherung ablehnen. Keine Ahnung welche Klauseln in indischen versicherungspolicen stehen. Aber zur not haben wir ja noch Lakshmi und Ganesh gnädig gestimmt.
Am Dienstag Mittag trafen wir uns im Büro. Wir dekorierten jede Nische, es wurden Lichte- und Blumenketten aufgehängt. Einzelne Blüten wurden auf jedem Arbeitsplatz drapiert. Über den Türen wurden Swastiken gemalt, Butterkerzen erhellten jede Ecke. Schliesslich wurde die Gebetsecke hergerichtet. Die beiden Lakschmi und Ganesh-Figürchen wurden gereinigt und angezogen. Unsere Kollegin malte mit den Ringfinger der rechten Hand (der für die Götter stehen soll) auf allen Anmeldeunterlagen unserer indischen Messen ein Hakenkreuz (was ich nicht weiter kommentierte). Diese Geste hatte aber etwas an sich, dass mich an den schwarzen Humor der Briten erinnerte. Unter den Figuren deponiert sollen Lakshmi und Ganesh Wohlstand und Weisheit über die Messen bringen. In diesen Tagen der wirtschaftlichen Krise, ist uns jedes Mittel recht. Wir standen andächtig um den Schrein herum, als unsere Kollegin pltözlihc ihr Handy hervorholte und einen religiösen Song abspielte, zum dem alle sangen und klatschten. Jeder liess eine kerze mehrmals um die Figürchen kreisen und wir schaufelten mit der Hand den Rauch und das Licht über unseren Kopf. Meine Kollegen hatten mich explizit zum Mitmachen aufgefordert, ich hätte mich sonst im Hintergund gehalten.
Beim Verlassen des Büros liessen wir die vielen kerzen brennen. Unser indische Chef muss übrigens noch eine Büro-Hausratsversicherung abschliessen. In Deutschland würde ihn unter diesen Umständen jede Versicherung ablehnen. Keine Ahnung welche Klauseln in indischen versicherungspolicen stehen. Aber zur not haben wir ja noch Lakshmi und Ganesh gnädig gestimmt.
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In vollen Zügen Mumbai geniessen
fishblog, 10:44h
Erwähnte ich schon dass ich die Fesseln des Herumchauffiertwerdens abgelegt habe? Ich bewege mich seitdem frei wie ein Mumbaikar in der Stadt? Zunächst mal muss ich klarstellen, dass ich solcherlei Luxus weder verlangt habe, noch erwarte. Ich bin nicht die Queen und verlange keinen roten Teppich. Dies war nur eine Vorsichtsmassnahme um mich vor dem Schlimmsten zu bewahren. Wobei ich mehr und mehr zu der Überzeugung gelange, dass Autofahren weitaus schlimmer ist als Zug- und Rikschafahren. Mittlerweile steige ich in die richtigen Züge ein und an den richtigen Stationen aus, bzw. ich werde ausgestiegen. Denn einmal an der während Fahrt immer offenen Tür angestellt wird man von der arbeitswilligen Meute nach draussen befördert ohne auch nur einen Muskel zu bewegen. Im nu befindet man sich draussen, wenn man sich in der Haltestelle mal vertan hat.
An der Busstation nehme ich dann den richtigen Bus, der auf Hindi-hieroglyphisch beschriftet ist, was regelmässig zu kopfschmerzen führt. Oder ich werfe ganz selbstbewusst und wie selbstverständlich einem Rikschafahrer das Fahrziel „chincholimindspace“ an die Rübe und wenn er mit dem Kopf zu „eiern“ anfängt, springe ich auf und scheisse ihn landestypisch später an, wenn er mal wieder am Ziel vorbei schiessen will.
Beim Straßenhändler gibt es noch einen Chai und ein einzeln gekauftes Frühstückszigarettchen und der Tag darf beginnen. So gesehen kann Mumbai sogar Spaß machen. Kann!
Zum Glück liegt unser Büro im Norden Mumbais, während alles was in Mumbai zwei Hände zum Arbeiten hat morgens gen Süden fährt. Die 2.-Klasse-Waggons sind in diese Richtung doppelt so voll wie die in meine Richtung. Meine Waggons sind bloss so voll wie zu Kölner Karnevalszeiten. Es gibt auch Waggons nur für Frauen und Waggons nur für Behinderte und Krebskranke. Da kann die KVB sich mal ein Beispiel nehmen.
Noch während der Zug einfährt wird es hektisch auf dem Bahnsteig. Schließlich will man ja mitgenommen werden. Da muss man sich schon ein bischen anstrengen. Während die ersten Passagiere schon vom einfahrenden Zug abspringen – die Türen sind ja immer offen – rangeln die ersten Reihen auf dem Bahnsteig um die Pool-Position. Der Zug steht - der Kampf geht los. Dabei ist es unerheblich ob noch jemand noch am aussteigen ist. Es wird gedrückt, geschoben, getreten, gebrüllt, geschlagen. Keiner will als Looser auf dem Bahnsteig zurückbleiben. Das Ganze gleicht einer Massenschlägerei aus einem Bud Spencer Film. Wer nicht mehr in den Waggon kommt, der klammert sich halt an einer Aussenkante der Tür fest oder versucht anderswo halt zu finden, während der Zug bereits wieder fahrt aufnimmt. Vielleicht hat man ja am nächsten Stopp mehr Glück in den Waggon zu gelangen.
Ich habe mir dieses Gerangel drei Züge lange angesehen und dann versucht mitzuspielen. Ich hatte Glück und musste nie aussen mitsurfen. Andererseits war es im Waggon so eng, heiss und stickig, dass ich sehr schnell jeden Outdoor-Surfer um seine Position beneidete. Entspannter fährt es sich dagegen nur zwei Waggons weiter in der 1-Klasse. Die kostet statt 6 Rupies 52 Rupies und man bekommt sogar meist einen Sitzplatz. Tickets werden so gut wie kontrolliert. Ein Umstand den ich des öfteren zum eigenen „upgrade“ nutzen konnte, wenn es mir mal wieder zu eng wurde. Zur Not spielt man halt den dummen Ausländer. Übrigens muss man sich um sein korrektes Aussehen auf der Arbeit hier selten Sorgen machen. Nach einer 45 minütigen Fahrt in Zug und Rikscha sitzt weder die Haarpracht noch das Hemd richtig. Das Deo hat meist schon nach der ersten Zugstation versagt.
Beim ersten Alleingang musste ich morgens um 9 Uhr für fünf Bahnstationen dreimal umgestiegen. Die anzeigen waren so zugestaubt, dass ich mich immer verlesen habe. Aber die vielen mitfahrenden Inder sind ja noch gesprächiger als ich und haben sogar aufgepasst dass ich nicht am Gate of Mumbai lande, nur weil ich mal wieder im Expresszug statt im Bummelzug sass.
An der Busstation nehme ich dann den richtigen Bus, der auf Hindi-hieroglyphisch beschriftet ist, was regelmässig zu kopfschmerzen führt. Oder ich werfe ganz selbstbewusst und wie selbstverständlich einem Rikschafahrer das Fahrziel „chincholimindspace“ an die Rübe und wenn er mit dem Kopf zu „eiern“ anfängt, springe ich auf und scheisse ihn landestypisch später an, wenn er mal wieder am Ziel vorbei schiessen will.
Beim Straßenhändler gibt es noch einen Chai und ein einzeln gekauftes Frühstückszigarettchen und der Tag darf beginnen. So gesehen kann Mumbai sogar Spaß machen. Kann!
Zum Glück liegt unser Büro im Norden Mumbais, während alles was in Mumbai zwei Hände zum Arbeiten hat morgens gen Süden fährt. Die 2.-Klasse-Waggons sind in diese Richtung doppelt so voll wie die in meine Richtung. Meine Waggons sind bloss so voll wie zu Kölner Karnevalszeiten. Es gibt auch Waggons nur für Frauen und Waggons nur für Behinderte und Krebskranke. Da kann die KVB sich mal ein Beispiel nehmen.
Noch während der Zug einfährt wird es hektisch auf dem Bahnsteig. Schließlich will man ja mitgenommen werden. Da muss man sich schon ein bischen anstrengen. Während die ersten Passagiere schon vom einfahrenden Zug abspringen – die Türen sind ja immer offen – rangeln die ersten Reihen auf dem Bahnsteig um die Pool-Position. Der Zug steht - der Kampf geht los. Dabei ist es unerheblich ob noch jemand noch am aussteigen ist. Es wird gedrückt, geschoben, getreten, gebrüllt, geschlagen. Keiner will als Looser auf dem Bahnsteig zurückbleiben. Das Ganze gleicht einer Massenschlägerei aus einem Bud Spencer Film. Wer nicht mehr in den Waggon kommt, der klammert sich halt an einer Aussenkante der Tür fest oder versucht anderswo halt zu finden, während der Zug bereits wieder fahrt aufnimmt. Vielleicht hat man ja am nächsten Stopp mehr Glück in den Waggon zu gelangen.
Ich habe mir dieses Gerangel drei Züge lange angesehen und dann versucht mitzuspielen. Ich hatte Glück und musste nie aussen mitsurfen. Andererseits war es im Waggon so eng, heiss und stickig, dass ich sehr schnell jeden Outdoor-Surfer um seine Position beneidete. Entspannter fährt es sich dagegen nur zwei Waggons weiter in der 1-Klasse. Die kostet statt 6 Rupies 52 Rupies und man bekommt sogar meist einen Sitzplatz. Tickets werden so gut wie kontrolliert. Ein Umstand den ich des öfteren zum eigenen „upgrade“ nutzen konnte, wenn es mir mal wieder zu eng wurde. Zur Not spielt man halt den dummen Ausländer. Übrigens muss man sich um sein korrektes Aussehen auf der Arbeit hier selten Sorgen machen. Nach einer 45 minütigen Fahrt in Zug und Rikscha sitzt weder die Haarpracht noch das Hemd richtig. Das Deo hat meist schon nach der ersten Zugstation versagt.
Beim ersten Alleingang musste ich morgens um 9 Uhr für fünf Bahnstationen dreimal umgestiegen. Die anzeigen waren so zugestaubt, dass ich mich immer verlesen habe. Aber die vielen mitfahrenden Inder sind ja noch gesprächiger als ich und haben sogar aufgepasst dass ich nicht am Gate of Mumbai lande, nur weil ich mal wieder im Expresszug statt im Bummelzug sass.
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Stillstand und Bewegtbilder
fishblog, 10:33h
Wer übrigends mal einen Bollywood Streifen sieht, der sieht auch immer Szenen tanzender Inder auf verlassenen Fahrbahnen. Wenn ihr mich fragt ist das Grund für die vielen Staus. Würden in Bollywood nicht so viele Filme produziert, würde der Verkehr wohl auch endlich fliessen.
Ohne Tanz- und Singeinlage wird hier nun mal kein Film zum Erfolg geführt. Es spielt nicht mal eine Rolle ob der/die Hauptdarsteller/in singen kann oder sich einfach doubeln lässt. Ich hege ohnehin den Verdacht, dass die Frauen nur von ein und derselben Person die Stimme geliehen bekommen. Und das schon seit über dreißig Jahren. Einer der Vorteile meines Hotelzimmers ist, es hat kabelanschluss und damit zugang zum Indischen Fernsehkosmos. Auf rund achtzig Kanälen, durch ich mich allabendlich in den Schlaf zappe, läuft auf mindestens 50 Kanälen ein Hindi-Musical mit den größten Hits der 50er, 60er, 70er, 80er, 90er, und das beste von heute.(Zum Glück gibt es hier noch kein ffn) Die Frauen, die dort mitspielen bzw. -singen klingen alle gleich hoch, hell, und schrill. Was wohl nach dem Ableben der stimmgewaltigen Dame passiert?
Ausserdem ist auffällig dass die männlichen Darsteller immer den Typsichen Macho verkörpern. Sonnenbrille, Lederjacken, Motorrad, aufgeknöpfte Hemden, gestählte Körper (über die man jeden Tag in der Zeitung nachlesen kann, wie der Star sich dafür geschunden hat. Diverse Kampfsportarten tragen immer dazu bei. Soll wohl glaubwürdiger wirken, falls jemand zweifel hat bei den ohnehin sehr schlechten Prügelszenen, die es auch in jedem Film gibt. Mann ist halt Mann.) Man stelle sich vor, 50Cent, Bushido, Sido & Co tanzten zu ihren Songs synchron in einer Gruppe von Frauen und Männern, wie sonst nur bei „A Chorus Line“. Das hart erarbeitete Image der Männlichkeit im nu vergeigt – grenzt fast schon an selbstkastration. Nicht so in Indien. Je mehr er tanzt, umso mehr vergöttern sie ihn. Er muss nicht gut singen können, aber die Hüften muss er mindestens so gut bewegen wie sie.
Voller Stolz berichtete mir mein Kollege von dem vier Stunden Film mit seinen zwanzig sing- und tanzeinlagen. Dh im schnitt wird alle 12 minuten geträllert und gehopst. Und alle finden es toll. Ich hätte weiss gott was für fünf minuten gymnastik bei schindlers liste gegeben, wenn es denn der sitaution angemessen gewesen wäre. Stattdessen blieb mir nur die dreieinhalbstündige sitzplatz-yoga-akrobatiknummer in der zum schluss nicht der fuss, das Bein, oder die Pobacke, sondern der ganze Unterkörper von der Hüfte an abwärts eingeschlafen war. Ihr wisst wie ich leide, wenn ich nur fünf minuten stillsitzen muss. Jedenfalls hätte ich mit der Lähmung in den Gliedern in Indien bestimmt ein paar coole Moves hingelegt die jedes indische Mädel beeindruckt hätten. Insbesondere wenn die tauben Glieder mit dem Gefühl von 1000 Stecknadeln langsam wieder zum Leben erwachen.
Ohne Tanz- und Singeinlage wird hier nun mal kein Film zum Erfolg geführt. Es spielt nicht mal eine Rolle ob der/die Hauptdarsteller/in singen kann oder sich einfach doubeln lässt. Ich hege ohnehin den Verdacht, dass die Frauen nur von ein und derselben Person die Stimme geliehen bekommen. Und das schon seit über dreißig Jahren. Einer der Vorteile meines Hotelzimmers ist, es hat kabelanschluss und damit zugang zum Indischen Fernsehkosmos. Auf rund achtzig Kanälen, durch ich mich allabendlich in den Schlaf zappe, läuft auf mindestens 50 Kanälen ein Hindi-Musical mit den größten Hits der 50er, 60er, 70er, 80er, 90er, und das beste von heute.(Zum Glück gibt es hier noch kein ffn) Die Frauen, die dort mitspielen bzw. -singen klingen alle gleich hoch, hell, und schrill. Was wohl nach dem Ableben der stimmgewaltigen Dame passiert?
Ausserdem ist auffällig dass die männlichen Darsteller immer den Typsichen Macho verkörpern. Sonnenbrille, Lederjacken, Motorrad, aufgeknöpfte Hemden, gestählte Körper (über die man jeden Tag in der Zeitung nachlesen kann, wie der Star sich dafür geschunden hat. Diverse Kampfsportarten tragen immer dazu bei. Soll wohl glaubwürdiger wirken, falls jemand zweifel hat bei den ohnehin sehr schlechten Prügelszenen, die es auch in jedem Film gibt. Mann ist halt Mann.) Man stelle sich vor, 50Cent, Bushido, Sido & Co tanzten zu ihren Songs synchron in einer Gruppe von Frauen und Männern, wie sonst nur bei „A Chorus Line“. Das hart erarbeitete Image der Männlichkeit im nu vergeigt – grenzt fast schon an selbstkastration. Nicht so in Indien. Je mehr er tanzt, umso mehr vergöttern sie ihn. Er muss nicht gut singen können, aber die Hüften muss er mindestens so gut bewegen wie sie.
Voller Stolz berichtete mir mein Kollege von dem vier Stunden Film mit seinen zwanzig sing- und tanzeinlagen. Dh im schnitt wird alle 12 minuten geträllert und gehopst. Und alle finden es toll. Ich hätte weiss gott was für fünf minuten gymnastik bei schindlers liste gegeben, wenn es denn der sitaution angemessen gewesen wäre. Stattdessen blieb mir nur die dreieinhalbstündige sitzplatz-yoga-akrobatiknummer in der zum schluss nicht der fuss, das Bein, oder die Pobacke, sondern der ganze Unterkörper von der Hüfte an abwärts eingeschlafen war. Ihr wisst wie ich leide, wenn ich nur fünf minuten stillsitzen muss. Jedenfalls hätte ich mit der Lähmung in den Gliedern in Indien bestimmt ein paar coole Moves hingelegt die jedes indische Mädel beeindruckt hätten. Insbesondere wenn die tauben Glieder mit dem Gefühl von 1000 Stecknadeln langsam wieder zum Leben erwachen.
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How to sell in hell
fishblog, 10:32h
Donnerstag, 11 Uhr. Die Sonne brennt, meine Kollegin und ich steigen in eine Rikscha. Es soll auf Kundenbesuch gehen. Die Sonne glüht durch die Plastikplane die jede Rikscha abdeckt. Nach einer fahrzeit von gut dreissig minuten in sengender Hitze und eingezogenem Kopf (wir Europäer sind grundsätzlich zu groß für eine Rikscha, weswegen unsere Körperhaltung nach einer langen Riskschafahrt immer eine wenig der eines Aasgeiers gleicht) gerät unsere Rikscha zwischen zwei Lkw, die uns abrupt zum stehen bringen, die seitenspiegel kosten und mir die Kniescheibe zertrümmert, da meine Beine zu lang und meine Knie zu hoch für dieses Gefährt sind. Wir verlassen schleunigst die Gefahrenzone und bemerken dabei, dass wir dreissig Minuten im Carre gefahren sind, uns unweit unseres Augangspunktes befinden. In Momenten wie diesen geht der Fahrer leer aus. In unserem Falle zahlt er sogar doppelt drauf.
Anschliessend stehen wir geschlagene 20 min in der mitte der Kreuzung in der Hoffnung ein Taxi zu erhaschen. Liegt unser Ziel in der gleichen Richtung in die der Taxifahrer will, ist er unter umständen geneigt, uns mitzunehmen. Andernfalls lässt er dich einfach stehen. Mitten auf der Kreuzung. In sengender Sonne. Von Abgasen umgeben. Hier ist der Fahrgast auf keinen Fall König. Obwohl; dieses Verhalten kennen wir auch in Köln. Da heisst auch ganz oft, Anschnallen, Fluppe aus, Fresse halten.
Kurz bevor meine Schuhsohlen eins wurden mit dem Asphalt, erbarmte sich dann doch endlich eine Rikscha, mit der es dann eine weitere dreiviertel Stunde in der Mittagshitze über den Expressway ging – eine geschwitzte Ewigkeit. Der Mittagsverkehr umhüllte uns mit stinkenden abgasen aus allen Öffnungen. Mitten auf der Autobahn hiess es dann umsteigen in ein Taxi ohne Klima-anlage – Rikschas sind in der „Südstadt“ nicht erlaubt. Wir quälten uns weiter vorwärts.Der Mittagstermin war mittlerweile auf Nachmittag verschoben, mein Blutzuckerspiegel bereits ins bodenlose gesackt – meine Stimmung dementsprechend. Meine Zuckersturzbedingten kalten Schweissausbrüche hatte ich in der Hitze nicht bemerkt. Meine steigende innere Aggressivität dem ständigen Gehupte unseres Fahrers zugeschireben. Zum Glück hatte wir noch schnell was gegessen, bevor wir zu unserem Termin irrten Das Gebäude glich eher einem Rohbau denn einem Bürokomplex. Bauarbeiter lungerten herum, gaben kluge Ratschläge, während einer am arbeiten war. Andere hielten gerade im dreck liegend Mittagsschlaf. Ständig lief man gefahr an etwas hängen zu bleiben, sich die Haxen zu brechen, oder durch ein offen liegendes Starkstromkabel direkt ins Nirvana befördert zu werden. Im Keller des Rohbaus fand die Odyssee dann ihr Ende. Im Büro herrschte der Frühjahrsputz, denn Dewali stand an. Doch dazu komme ich später. Jedenfalls bekamen wir kaum einen Fuss vor den anderen, das Büro des Chefs wurde kurz schnell hergerichtet, dh die Sachen beiseite geschoben und schon konnte es ans eingemachte gehen.
Für den zweiten Termin fuhren wir dann … in den Nordosten Mumbais. Also die ganze Höllenfahrt noch mal, mit, Taxi, Rikscha Taxi, Rikscha. Inzwischen konnte ich im Wet Blue Shirt Contest auftreten. Durch die halb offenen Scheiben wurden uns die Abgase ins Gesicht geblasen. Bei geschlossenen Scheiben wären wir andererseits an Sauerstoffarmut erstickt. Als ich mir den Schweiss von der Stirn wischte, hielt ich das Ergebnis eines arbeitsamen Tages schwarz auf weiss in der Hand. Die Ausbeute aller Abgase, Feinstäube, Staubpartikel hatten sich mittlerweile auf meiner Haut zur Ruhe gesetzt. Nach zwei Stunden weiterer Irrfahrten waren wir am Ziel, der Kunde begrüßte uns barfüssig im funkelnagelneuen Büroequipment (Dewali!!!) das aber gerade noch ausgepackt wurde. Nach dem Termin brauchten wir dann nur noch 2,5 Stunden bis ich endlich im Hotel eine Dusche nehmen konnte. So dreckig war ich seit meinen Kindheitstagen auf diveresen Spielplätzen nicht mehr.
Fazit: Für zwei Aussentermine in Mumbai waren wir 9 Stunden untewegs, wobei wir 2 Std. davon beim Kunden selbst sassen. Da soll noch mal einer kommen und kritisieren, dass der Verkauf in Indien bzw. Mumbai immer so schleppend vorankommt. Verkaufen ist lebensgefährlich, gesundheitsschädigend, zeitfressend und nervenaufreibend. Ich verstehe langsam, warum Indien das Land der Call Center geworden ist.
Anschliessend stehen wir geschlagene 20 min in der mitte der Kreuzung in der Hoffnung ein Taxi zu erhaschen. Liegt unser Ziel in der gleichen Richtung in die der Taxifahrer will, ist er unter umständen geneigt, uns mitzunehmen. Andernfalls lässt er dich einfach stehen. Mitten auf der Kreuzung. In sengender Sonne. Von Abgasen umgeben. Hier ist der Fahrgast auf keinen Fall König. Obwohl; dieses Verhalten kennen wir auch in Köln. Da heisst auch ganz oft, Anschnallen, Fluppe aus, Fresse halten.
Kurz bevor meine Schuhsohlen eins wurden mit dem Asphalt, erbarmte sich dann doch endlich eine Rikscha, mit der es dann eine weitere dreiviertel Stunde in der Mittagshitze über den Expressway ging – eine geschwitzte Ewigkeit. Der Mittagsverkehr umhüllte uns mit stinkenden abgasen aus allen Öffnungen. Mitten auf der Autobahn hiess es dann umsteigen in ein Taxi ohne Klima-anlage – Rikschas sind in der „Südstadt“ nicht erlaubt. Wir quälten uns weiter vorwärts.Der Mittagstermin war mittlerweile auf Nachmittag verschoben, mein Blutzuckerspiegel bereits ins bodenlose gesackt – meine Stimmung dementsprechend. Meine Zuckersturzbedingten kalten Schweissausbrüche hatte ich in der Hitze nicht bemerkt. Meine steigende innere Aggressivität dem ständigen Gehupte unseres Fahrers zugeschireben. Zum Glück hatte wir noch schnell was gegessen, bevor wir zu unserem Termin irrten Das Gebäude glich eher einem Rohbau denn einem Bürokomplex. Bauarbeiter lungerten herum, gaben kluge Ratschläge, während einer am arbeiten war. Andere hielten gerade im dreck liegend Mittagsschlaf. Ständig lief man gefahr an etwas hängen zu bleiben, sich die Haxen zu brechen, oder durch ein offen liegendes Starkstromkabel direkt ins Nirvana befördert zu werden. Im Keller des Rohbaus fand die Odyssee dann ihr Ende. Im Büro herrschte der Frühjahrsputz, denn Dewali stand an. Doch dazu komme ich später. Jedenfalls bekamen wir kaum einen Fuss vor den anderen, das Büro des Chefs wurde kurz schnell hergerichtet, dh die Sachen beiseite geschoben und schon konnte es ans eingemachte gehen.
Für den zweiten Termin fuhren wir dann … in den Nordosten Mumbais. Also die ganze Höllenfahrt noch mal, mit, Taxi, Rikscha Taxi, Rikscha. Inzwischen konnte ich im Wet Blue Shirt Contest auftreten. Durch die halb offenen Scheiben wurden uns die Abgase ins Gesicht geblasen. Bei geschlossenen Scheiben wären wir andererseits an Sauerstoffarmut erstickt. Als ich mir den Schweiss von der Stirn wischte, hielt ich das Ergebnis eines arbeitsamen Tages schwarz auf weiss in der Hand. Die Ausbeute aller Abgase, Feinstäube, Staubpartikel hatten sich mittlerweile auf meiner Haut zur Ruhe gesetzt. Nach zwei Stunden weiterer Irrfahrten waren wir am Ziel, der Kunde begrüßte uns barfüssig im funkelnagelneuen Büroequipment (Dewali!!!) das aber gerade noch ausgepackt wurde. Nach dem Termin brauchten wir dann nur noch 2,5 Stunden bis ich endlich im Hotel eine Dusche nehmen konnte. So dreckig war ich seit meinen Kindheitstagen auf diveresen Spielplätzen nicht mehr.
Fazit: Für zwei Aussentermine in Mumbai waren wir 9 Stunden untewegs, wobei wir 2 Std. davon beim Kunden selbst sassen. Da soll noch mal einer kommen und kritisieren, dass der Verkauf in Indien bzw. Mumbai immer so schleppend vorankommt. Verkaufen ist lebensgefährlich, gesundheitsschädigend, zeitfressend und nervenaufreibend. Ich verstehe langsam, warum Indien das Land der Call Center geworden ist.
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Montag, 27. Oktober 2008
Die Ballade vom Rikscha-König
fishblog, 13:33h
Wer faehrt so irr durch Mumbai geschwind?
Mein Riksha-Fahrer, der den weg nicht find.
Er faehrt meist schnell, hupt noch viel mehr,
Denn strassen in Mumbai sind selten leer.
Fahrer, fahrer siehst du den Stau vorne nicht?
Der Fahrer hoert nicht, faehrt auf dafuer dicht.
Nichts bewegt sich - rien ne va plus
Von Smog umgeben, fuehl ich mich perdu.
Der Kutscher sein Fahrzeug nicht wenden will,
Die hitze umgibt mich wie auf einem Grill.
Von allen Seiten her Fahrzeuge kommen,
Mir fehlt der Atem, bin wie benommen.
Schlaglöcher tief, die Wirbel am krachen
Mein fahrer bleibt stur, ich kann da nichts machen
Er nimmt jede Lücke
fährt notfalls bei rot,
Am Ende er ankommt
Doch ich bin fast tot.
(Geschrieben Live in der Rikscha)
Mein Riksha-Fahrer, der den weg nicht find.
Er faehrt meist schnell, hupt noch viel mehr,
Denn strassen in Mumbai sind selten leer.
Fahrer, fahrer siehst du den Stau vorne nicht?
Der Fahrer hoert nicht, faehrt auf dafuer dicht.
Nichts bewegt sich - rien ne va plus
Von Smog umgeben, fuehl ich mich perdu.
Der Kutscher sein Fahrzeug nicht wenden will,
Die hitze umgibt mich wie auf einem Grill.
Von allen Seiten her Fahrzeuge kommen,
Mir fehlt der Atem, bin wie benommen.
Schlaglöcher tief, die Wirbel am krachen
Mein fahrer bleibt stur, ich kann da nichts machen
Er nimmt jede Lücke
fährt notfalls bei rot,
Am Ende er ankommt
Doch ich bin fast tot.
(Geschrieben Live in der Rikscha)
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Mittwoch, 22. Oktober 2008
Opiate fürs Volk
fishblog, 08:40h
Zwei Tage scheinen ausreichend für einen rudimentären Streifzug durch die Weltreligionen. Mumbai hat die Glaubensvielfalt perfektioniert. Hier scheint man an alles Glauben zu können. Den Anfang machte ein Hindu-Tempel. Nun muss man wissen, dass selbst ein Hindu die Qual der Wahl hat. Die Zahl der Götter und Verkörperungen von Gott und Gottähnlichen scheint gerade im Hinduismus grenzenlos. Manche Götter tauchen in der Geschichte immer wieder mit neuem Namen auf, andere haben je nach Gemütszustand unterschiedliche Erscheinungsformen. Das kenn ich nur zu gut. Wenn mein Zuckerspiegel schlagartig absackt, werde ich auch immer zum Tier. Erkennbar ist das auch an den Darstellungen, in den denen der/die Vielgepriesene mehrere Köpfe, Gesichter, Arme und Beine hat. Bei einer Milliarde Bittstellern muss sich so ein Gott schließlich richtig ins Zeug legen, wenn er nicht vom Altar geholt werden will. Der Wettbewerb im indischen Wallhall ist groß. Kontrahenten sind ebenso zahlreich wie Anhänger auf indischem Boden. Da muss man tief, aber auch ganz tief in die Trickkiste langen. Bei all der Vielfältigkeit ist es schon ein Wunder, dass ausgerechnet die Inder, von denen es – ich sagte es bereits – mehr als eine Milliarde gibt, die Null erfinden konnten und sich seitdem für die Schöpfer des Informationszeitalter, der Welt der Nullen und Einsen, halten.
Besagter Tempel war der Gottheit Krishna geweiht und gewidmet. Der Tempel gehört zu einer Glaubensgemeinschaft, die ISCKON heißt und sich über den ganzen Globus verstreut hat. Mit dem Satz: “Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna, Krishna, Hare, Hare“, hat sich eine ganze Generation ins Nirwana gesungen. Es geht um die Hare Krishna Bewegung, die in der Hippiezeit zu großer Bekanntheit gelangte, zahlreiche Anhänger gefunden hat, und leider auch oft missbraucht und missgedeutet wurde. Beim Betreten der Anlage fürchtete allerdings auch ich für einen Moment, ob ich hier nicht von meinen Kollegen in die Fänge einer Sekte getrieben werde. Als die drei goldenen Tore zum Allerheiligsten sich öffneten und aus allen Richtungen Hare Krishna usw. gesungen wurde, lief mir die Gänsehaut rauf und runter. Beeindruckende Wirkung. Da kann unsere Kirche nicht mithalten. Kein Wunder dass alle austreten oder konvertieren.
Wenig später besichtigten wir eine Christliche Kirche. Die war der Mutter Maria gewidmet, was man daran erkennen konnte das auf und über dem Alter eine riesige Marienstatue thronte, die die Jesus die Schau stahl und ihn zur Randfigur degradierte. Während europäische Kirchen schon beim Betreten eine Gänsehaut erzeugen, weil sie einfach arschkalt sind, empfing Mutter Maria ihre Kinderlein mit mütterlicher Wärme. Dat Marie, wie der Kölner sagt, litt wohl gerade an Hitzewallungen zu leiden, kommt ja auch langsam in die Wechselsjahre, die Gute. Leider meinte sie es nur zu gut mit mir. Statt Gänsehaut lief mir diesmal der Schweiß nur so runter.
Statt sich auf das Gebet zu konzentrieren, wähnten wohl einige Anhänger in mir den neuen Heiland. Der Altar schien nicht mehr so wichtig wie mich die ganze Zeit anzustarren und über mich zu tuscheln. Außerdem zeichnete sich vor meinen Augen ein Glaubenskrieg ab. Eine junge Anhängerin kniete in der vordersten Sitzreihe, die Hände ineinander gefaltet, tief in Gedanken versunken an. Tja an wen nur? Maria oder doch eher Shah Ruk Khan, dem sie ihre T-Shirt-Rückseite huldigte. SRK, wie er hier auch genannt wird, ist DER Bollywoodfilmgott, den alle Indischen Medien lieben, und der auch in D inzwischen zu Ruhm gelangt ist. Ist es nicht SRK dann halt ein anderer Star. Am Samstag wurde "his Bollywood Highness" Ahmadine Bachahn (oder so ähnlich), weit über 60, ins Krankenhaus eingeliefert. Ausgerechnet an seinem Geburtstag bekam er Bauchschmerzen. Wir passierten gerade sein Hospital, bzw. es staute sich mal wieder der Verkehr, weil das Hospital von Presse und Schaulustigen nur so umlagert war. Und wo viel Presse, da auch viel Menschenauflauf. Schließlich will jeder Inder ins Fernsehen kommen. Da kann man viel Kohle machen, wie SRK und Big B zweifelsohne beweisen. MTV Mumbai musste neulich das Casting für eine neue Staffel ähnlich wie Survivor absagen. Es gab so viele Bewerber, dass die Location geschlossen werden musste, um schlimmeres zu vermeiden. Kommt es bei Survivor nicht genau darauf an? Zu überleben, egal in welcher Scheiße man steckt? Und wenn es nur darum geht, eine Massenhysterie zu meistern?
Abends im Fernseher berichteten alle indischen Kanäle über Big B Bauchweh. Es gab Rückblenden, Interviews, Lifeberichte aus der Aufnahme im Krankenhaus, immer wieder die gleichen nichts sagenden Bilder: Big B kümmert zusammengekrümmt auf einer Liege, während die Liege im Krankenhaus durch (!) die Menschenmassen geschoben wurde. Die Berichterstattung glich mir eher einem Nachruf. Dabei litt er nur an Bauchweh. Was passiert erst bei ernsthafteren Krankenheiten?
Erst am nächsten Tag, als auch die Zeitungen voll von Berichten über Big B waren, erfuhr man die ganze banale Wahrheit. Gut vor fünf Jahren hatte B wohl tatsächlich schwerwiegende Probleme, sodass ich die Situation mal nicht verharmlosen will, aber wie gesagt. Er klagte lediglich über Bauchschmerzen. Hatte Wahrscheinlich zu viel vom Geburtstagskuchen genascht, der Gute. Die Medien machten jedoch daraus eine Nummer als ob Mutter Theresa gestorben sei – übrigens hat Indien seit einigen Tagen seine erste eigene Heilige, Schwester Alphonsa, frisch vom Papst heilig gesprochen. Immerhin, für diese Nachricht fand man noch Platz in der Zeitung. Einige Leser monierten dann Tags darauf, dass die Medien die Magenverstimmung doch zu sehr aufgebauscht wurde. Woran Big B nun wirklich leidet, steht noch immer nicht in der Zeitung. Die Medien sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Übrigens wurden mir neben den religiösen Tempeln unterschiedlichster Prägung auch die Heimstätten der lokalen Mediengottheiten gezeigt. Allen voran die Bude von SRK, die aus einem Klassizistischem Bau mit Säuleneingang und einem Neubau bestand. Und immer in der Nähe, ein heruntergekommenes Viertel, um den Gegensatz noch zusätzlich zu betonen.
Anderntags ging es in eine Muslimische Gedenkstätte, in der ein wichtiger Anhänger begraben liegt. Leider liegt dort noch viel mehr als nur Hajalil begraben. Der Tempel verkommt zusehends obwohl die Besucherströme nicht abreißen, und alle großzügig spenden. Der Tempel befindet sich auf einer Insel, also vom Meer umgeben. Ein Meer voller Müll und Abfall und noch viel mehr. Der Tempel ist nur bei Ebbe betretbar. Entlang des Weges wird sakralkitsch verkauft, und direkt gegenüber betteln die Ausgestoßenen, Körperbehinderten. Einen krasseren Gegensatz habe ich noch nicht gesehen. Auf der einen Seite soll das Geld verschwendet werden, auf der anderen freut man sich über jede Rupie. Soviel missgebildete Körper wie in Mumbai habe ich noch nirgendwo sonst gesehen. Verstümmelte arme und Beine. Bei einem war der Fuß verkehrt herum gewachsen, sodass er beim laufen immer mit einem Fuß rückwärts ging. Eine andere Person war am ganzen Körper verbrannt. Mein Kollege erzählte von einem Bettler der tot aufgefunden wurde und der über drei Beine verfügt haben soll. Nun, bei über einer Milliarde Menschen ist die wahrscheinlich, auf die abstrusesten Körperbehinderungen zu treffen entsprechend groß. Wen wundert es also da noch, wenn Religiosität in diesem Land groß geschrieben wird, und der Glaube an Wunder und Rettung so weit verbreitet.
Besagter Tempel war der Gottheit Krishna geweiht und gewidmet. Der Tempel gehört zu einer Glaubensgemeinschaft, die ISCKON heißt und sich über den ganzen Globus verstreut hat. Mit dem Satz: “Hare Krishna, Hare Krishna, Krishna, Krishna, Hare, Hare“, hat sich eine ganze Generation ins Nirwana gesungen. Es geht um die Hare Krishna Bewegung, die in der Hippiezeit zu großer Bekanntheit gelangte, zahlreiche Anhänger gefunden hat, und leider auch oft missbraucht und missgedeutet wurde. Beim Betreten der Anlage fürchtete allerdings auch ich für einen Moment, ob ich hier nicht von meinen Kollegen in die Fänge einer Sekte getrieben werde. Als die drei goldenen Tore zum Allerheiligsten sich öffneten und aus allen Richtungen Hare Krishna usw. gesungen wurde, lief mir die Gänsehaut rauf und runter. Beeindruckende Wirkung. Da kann unsere Kirche nicht mithalten. Kein Wunder dass alle austreten oder konvertieren.
Wenig später besichtigten wir eine Christliche Kirche. Die war der Mutter Maria gewidmet, was man daran erkennen konnte das auf und über dem Alter eine riesige Marienstatue thronte, die die Jesus die Schau stahl und ihn zur Randfigur degradierte. Während europäische Kirchen schon beim Betreten eine Gänsehaut erzeugen, weil sie einfach arschkalt sind, empfing Mutter Maria ihre Kinderlein mit mütterlicher Wärme. Dat Marie, wie der Kölner sagt, litt wohl gerade an Hitzewallungen zu leiden, kommt ja auch langsam in die Wechselsjahre, die Gute. Leider meinte sie es nur zu gut mit mir. Statt Gänsehaut lief mir diesmal der Schweiß nur so runter.
Statt sich auf das Gebet zu konzentrieren, wähnten wohl einige Anhänger in mir den neuen Heiland. Der Altar schien nicht mehr so wichtig wie mich die ganze Zeit anzustarren und über mich zu tuscheln. Außerdem zeichnete sich vor meinen Augen ein Glaubenskrieg ab. Eine junge Anhängerin kniete in der vordersten Sitzreihe, die Hände ineinander gefaltet, tief in Gedanken versunken an. Tja an wen nur? Maria oder doch eher Shah Ruk Khan, dem sie ihre T-Shirt-Rückseite huldigte. SRK, wie er hier auch genannt wird, ist DER Bollywoodfilmgott, den alle Indischen Medien lieben, und der auch in D inzwischen zu Ruhm gelangt ist. Ist es nicht SRK dann halt ein anderer Star. Am Samstag wurde "his Bollywood Highness" Ahmadine Bachahn (oder so ähnlich), weit über 60, ins Krankenhaus eingeliefert. Ausgerechnet an seinem Geburtstag bekam er Bauchschmerzen. Wir passierten gerade sein Hospital, bzw. es staute sich mal wieder der Verkehr, weil das Hospital von Presse und Schaulustigen nur so umlagert war. Und wo viel Presse, da auch viel Menschenauflauf. Schließlich will jeder Inder ins Fernsehen kommen. Da kann man viel Kohle machen, wie SRK und Big B zweifelsohne beweisen. MTV Mumbai musste neulich das Casting für eine neue Staffel ähnlich wie Survivor absagen. Es gab so viele Bewerber, dass die Location geschlossen werden musste, um schlimmeres zu vermeiden. Kommt es bei Survivor nicht genau darauf an? Zu überleben, egal in welcher Scheiße man steckt? Und wenn es nur darum geht, eine Massenhysterie zu meistern?
Abends im Fernseher berichteten alle indischen Kanäle über Big B Bauchweh. Es gab Rückblenden, Interviews, Lifeberichte aus der Aufnahme im Krankenhaus, immer wieder die gleichen nichts sagenden Bilder: Big B kümmert zusammengekrümmt auf einer Liege, während die Liege im Krankenhaus durch (!) die Menschenmassen geschoben wurde. Die Berichterstattung glich mir eher einem Nachruf. Dabei litt er nur an Bauchweh. Was passiert erst bei ernsthafteren Krankenheiten?
Erst am nächsten Tag, als auch die Zeitungen voll von Berichten über Big B waren, erfuhr man die ganze banale Wahrheit. Gut vor fünf Jahren hatte B wohl tatsächlich schwerwiegende Probleme, sodass ich die Situation mal nicht verharmlosen will, aber wie gesagt. Er klagte lediglich über Bauchschmerzen. Hatte Wahrscheinlich zu viel vom Geburtstagskuchen genascht, der Gute. Die Medien machten jedoch daraus eine Nummer als ob Mutter Theresa gestorben sei – übrigens hat Indien seit einigen Tagen seine erste eigene Heilige, Schwester Alphonsa, frisch vom Papst heilig gesprochen. Immerhin, für diese Nachricht fand man noch Platz in der Zeitung. Einige Leser monierten dann Tags darauf, dass die Medien die Magenverstimmung doch zu sehr aufgebauscht wurde. Woran Big B nun wirklich leidet, steht noch immer nicht in der Zeitung. Die Medien sind zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
Übrigens wurden mir neben den religiösen Tempeln unterschiedlichster Prägung auch die Heimstätten der lokalen Mediengottheiten gezeigt. Allen voran die Bude von SRK, die aus einem Klassizistischem Bau mit Säuleneingang und einem Neubau bestand. Und immer in der Nähe, ein heruntergekommenes Viertel, um den Gegensatz noch zusätzlich zu betonen.
Anderntags ging es in eine Muslimische Gedenkstätte, in der ein wichtiger Anhänger begraben liegt. Leider liegt dort noch viel mehr als nur Hajalil begraben. Der Tempel verkommt zusehends obwohl die Besucherströme nicht abreißen, und alle großzügig spenden. Der Tempel befindet sich auf einer Insel, also vom Meer umgeben. Ein Meer voller Müll und Abfall und noch viel mehr. Der Tempel ist nur bei Ebbe betretbar. Entlang des Weges wird sakralkitsch verkauft, und direkt gegenüber betteln die Ausgestoßenen, Körperbehinderten. Einen krasseren Gegensatz habe ich noch nicht gesehen. Auf der einen Seite soll das Geld verschwendet werden, auf der anderen freut man sich über jede Rupie. Soviel missgebildete Körper wie in Mumbai habe ich noch nirgendwo sonst gesehen. Verstümmelte arme und Beine. Bei einem war der Fuß verkehrt herum gewachsen, sodass er beim laufen immer mit einem Fuß rückwärts ging. Eine andere Person war am ganzen Körper verbrannt. Mein Kollege erzählte von einem Bettler der tot aufgefunden wurde und der über drei Beine verfügt haben soll. Nun, bei über einer Milliarde Menschen ist die wahrscheinlich, auf die abstrusesten Körperbehinderungen zu treffen entsprechend groß. Wen wundert es also da noch, wenn Religiosität in diesem Land groß geschrieben wird, und der Glaube an Wunder und Rettung so weit verbreitet.
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